Persönliche Erklärung zum Sicherheitspaket

18. Oktober 2024

Der Bundestag stimmt am 18.10.2024 namentlich über den Gesetzesentwurf der Fraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP über das Gesetz zur Verbesserung der inneren Sicherheit und des Asylsystems ab. Ich stimme trotz einiger Bedenken mit Ja und begründe dies wie folgt, um meine Entscheidungsfindung transparent zu machen:

Der islamistische Anschlag auf einem Volksfest in Solingen am 23.08.2024 hat einmal mehr verdeutlicht, dass weitere Maßnahmen für die Gewährleistung der Sicherheit im öffentlichen Raum notwendig sind. Mit dem Sicherheitspaket haben die regierungstragenden Fraktionen des Deutschen Bundestages einen Entwurf vorgelegt, der nicht nur ein Maßnahmenpaket für Sicherheit beinhaltet, sondern die Themen Sicherheit und Migration sehr eng miteinander verknüpft. Für mich war dieser erste Entwurf mit den sozialdemokratischen Werten, dem Grundrecht auf Asyl und dem humanistischen Leitbild des Völkerrechts nicht gänzlich vereinbar. Ich teile die Kritik am ursprünglichen Vorschlag, dass er den Diskurs gegen Geflüchtete und deren Rechte befeuert hat. Ich bin der Meinung, dass wir in der Lage sind, Flüchtende und nicht nur politisch verfolgte Asylbewerber aufzunehmen. Wir dürfen niemanden pauschal ausgrenzen oder stigmatisieren. Deshalb darf in meinen Augen ein Sicherheitspaket nicht gegen zugewanderte Menschen gerichtet werden.

Ich bin der SPD-Bundestagsfraktion sehr dankbar, dass meine Bedenken von vielen geteilt und ernst genommen wurden. Das zeigen die Verbesserungen, die im parlamentarischen Verfahren erzielt werden konnten. So wurde für die Klarstellung gesorgt, dass der Leistungsausschluss für Dublin-Fälle nur möglich ist, wenn die Ausreise der betroffenen Person rechtlich und tatsächlich möglich ist. Ihr Antrag auf Asyl muss durch eine Entscheidung des BAMF als unzulässig abgelehnt und eine Abschiebung durch selbiges angeordnet worden sein. Dadurch gehen wir mit der Dublin-III-Verordnung konform und prüfen im Einzelfall mögliche Abschiebungshindernisse, sowie eine mögliche angedrohte Bestrafung oder unmenschliche Behandlung im zuständigen Mitgliedstaat, insbesondere für vulnerable Personen. Sobald Hürden für die Rückkehr bestehen, tritt kein Leistungsausschluss ein. Zudem konnten wir uns auf eine Härtefallregelung einigen, die nahezu dem Status quo entspricht. Die angedachten Verschärfungen wurden beinahe durchgehend gestrichen. So können Menschen, die keine Leistungen mehr nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, im Härtefall auch über den zweiwöchigen Zeitraum hinaus Überbrückungsleistungen erhalten. Kinder werden dabei besonders berücksichtigt und unbegleitete Minderjährige erhalten weiterhin Leistungen nach dem SGB VIII. Die Vermutung, dass bei einer Heimreise in den Herkunftsstaat die Voraussetzungen für den Schutz nicht mehr vorliegen, kann nach dem überarbeiteten Entwurf widerlegt werden und greift insbesondere dann nicht, wenn eine Reise sittlich zwingend geboten ist. Die Befugnisse der Bundespolizei wurden entsprechend der Sachverständigenanhörung nur beschränkt ausgeweitet und die Ausnahmen der Waffen- und Messerverbote vereinheitlicht. So sind verdachtsunabhängige Personenkontrollen nur in den klar ausgewiesenen Verbotszonen möglich und die biometrischen Befugnisse lediglich auf besonders schwere Straftaten beschränkt.

Auch wenn ich nach wie vor die Verknüpfung von Sicherheit und Migration für falsch halte, kann ich mit den Änderungsanträgen soweit konform gehen, dass meine Verantwortung für die Beschlusslage der SPD-Bundestagsfraktion und für meine Partei überwiegt. Auch nehme ich die klare Stimmung in der Bevölkerung, Migration besser zu steuern, sehr ernst. Für die Zukunft wünsche ich mir jedoch, dass die politische Auseinandersetzung über Sicherheit sachlich stattfindet, ohne vor verschiedenen Fluchtursachen fliehende Menschen in Geiselhaft zu nehmen. Wir brauchen effektive Lösungen für die Sicherheit Deutschlands, ohne Menschen gegeneinander auszuspielen. Dazu gehören die Bekämpfung des Islamismus und eine schnelle und gute Umsetzung der Reform der europäischen Migrationspolitik genauso wie Maßnahmen, Integration besser voranzutreiben. Bezahlbarer Wohnraum, erleichterter Zugang zu Arbeitsmarkt und Bildung, und soziale Sicherheit sind Anliegen, die viele Menschen in diesem Land gleichermaßen betreffen. Statt einen Konkurrenzkampf unter den sozial Schwächsten zu befeuern, sollten wir die Städte und Gemeinden besser bei den Folgen des Zuzugs vieler Menschen im letzten Jahrzehnt unterstützen. Die überragende Mehrheit der Menschen, die in unser Land kommen, leistet ihren Beitrag zu einer solidarischen Gesellschaft und gutem Zusammenleben. Kein Mensch verlässt leichten Herzens seine Heimat, sondern um vor Unterdrückung, Hoffnungslosigkeit und Gewalt zu fliehen. Diese Erkenntnis bleibt für mich zentraler Bestandteil einer humanitären Migrationspolitik.

Teilen