Kinderehen, die im Ausland geschlossen wurden, sind in Deutschland unwirksam. Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts wären diese ab dem 30.06.2024 jedoch nur noch im Einzelfall aufhebbar, weshalb der Gesetzgeber nun handeln musste, um weiterhin ein starkes Signal gegen Kinderehen zu setzen. Deswegen kann ich den Willen der Koalition gut nachvollziehen, dieses Gesetz möglichst schnell zu erlassen. In der Eile sind jedoch einige handwerkliche Fehler unterlaufen, die bestimmte Problembereiche ungelöst dastehen lassen.
Das Gesetz verbessert zwar in einigen Punkten die aktuelle Gesetzeslage für betroffene Minderjährige, die nach Deutschland kommen, wird deren Schutz jedoch immer noch nicht wirklich gerecht. Es gesteht den Minderjährigen einen Unterhaltsanspruch zu, allerdings bringt die grundsätzliche Unwirksamkeit der Ehe einige Probleme mit sich, über die schlichtweg hinweggesehen wurde.
In meinen Augen sind dabei die abstammungsrechtlichen Konsequenzen des Gesetzes ein großes Problem. Durch die grundsätzliche Unwirksamkeit, werden die Männer, falls bereits Kinder vorhanden sind, keine Väter kraft Ehe, sondern müssten die Vaterschaft gesondert feststellen lassen. Dies birgt die Gefahr, dass sie sich ihrer Vaterrolle ganz leicht entziehen können. Die minderjährigen Mütter hätten kein Sorgerecht, da sie ja noch minderjährig sind. Und dabei ist der Fall noch gar nicht erwähnt, in dem der Vater bereits verstorben oder auf andere Art und Weise nicht greifbar ist.
Ebenso reicht mir die erneute Eheschließung mit Volljährigkeit als Heilungsmöglichkeit der Ehe nicht aus. Die Hürden für eine Eheschließung sind vor allem für Betroffenen aus Ländern, die Kinderehen zulassen, immens. Zudem muss auch hier wieder aktiv von beiden Beteiligten mitgewirkt werden, was es den bei Eheschließung Volljährigen ermöglicht, sich ohne Scheidung ganz leicht von der Ehe zu lösen.
Der Gesetzgeber hat an dieser Stelle die Eheschließung mit der Person aus der Minderjährigenehe privilegiert, indem er keine Ehefähigkeitszeugnis für diesen Fall verlangt, aber davon abgesehen eine generelle Ausnahme normiert. Somit können sich die Betroffenen problemlos erneut heiraten, während eine Eheschließung mit einer anderen Person erstmal durch die Präsident*in des Oberlandesgerichts abgesegnet werden müsste. Ob die Gerichte mit dem Problem einheitlich verfahren werden, ist bisher auch noch nicht wirklich geklärt. Das drängt die Betroffenen ja geradezu in die Minderjährigenehe zurück, was dem Ziel des Gesetzes gänzlich widerspricht.